Samstag, 18. Juni 2016

Das Kinogramm (67)


Scott Summers/Cyclops: "Sie sind ein Genie, Professor."
Hank McCoy/Beast: "Vielen Dank, aber ich bin kein Professor."

X-MEN: APOCALYPSE ist ein sehr bombastischer, durchaus gelungener Teil der Marvel-Reihe - der nur eine (marvel-typische) Schwäche hat: den Bösewicht und seine Geschichte +++ Story: Apocalypse, der älteste und mächtigste Mutant, erwacht nach tausendjährigem Schlaf und möchte die Menschheit vernichten und die Welt beherrschen - Professor X und seine X-Men suchen dies zu verhindern und müssen dabei auch - wie üblich - mit Unstimmigkeiten der Mutanten untereinander fertig werden +++ Der Film wird noch mehr als sonst getragen von James McAvoy als Charles Xavier/Professor X und Michael Fassbender als Erik Lehnsherr/Magneto +++ Vor allem Fassbender gewährt mit seinem leidenschaftlichen Spiel einen tiefen Blick in das Seelenleben seiner Figur +++ Die Vielzahl der auftretenden Mutanten, ihre Eigenheiten und die Interaktion bekommt Regisseur Bryan Singer sehr gut unter einen Hut +++ Evan Peters als Pietro Maximoff/Quicksilver sticht heraus, weil er die beste Actionszene hat und der lustigste ist +++ Kurt Wagner/Nightcrawler, auch vorher schon einer meiner Lieblingsmutanten, wird von Kodi Smit-McPhee auf den Punkt gespielt +++ Die Effekte sind qualitativ spitze, auch wenn die Weltenzerstörungsorgie, die Apocalypse zum Ende hin mit seinen Helfern anzettelt, etwas Over the top ist +++ Nun zu Apocalypse: Er erscheint einfach auf der Bildfläche und macht keinerlei Entwicklung durch - das ist etwas fad +++ Seine stumpfe Bösartigkeit und der Effektbombast im Finale sind einzige Wermutstropfen eines Films, der ansonsten gut unterhält durch sein buntes, Botschaften transportierendes und auch humorvolles Mutantenensemble +++ Das 3D bietet - bis auf eine gelungene Zeitsprung-Sequenz zu Beginn - nichts spektakuläres und nervt oft durch Schattenbilder - Prädikat: vermurkst +++ Punkte: 7 von 10 +++ 3D-Punkte: 3

Mittwoch, 8. Juni 2016

Das Kinogramm (66)

 Sharon Carter/Agent 13: "Hier ist der Beleg für Ihre Ausrüstung."
Sam Wilson/Falcon: "Vogelkostüm? Wie bitte?!?"


THE FIRST AVENGER: CIVIL WAR ist eine rundum gelungene Superheldenzusammenkunft im Marvel-Universum mit perfekter Action und einer guten Mischung aus Humor und ernsten Tönen - und damit die bessere Avengers-Fortsetzung +++ Story: Ein internationales Abkommen soll die Avengers unter die Kontrolle der Politik zwingen, was Tony Stark/Iron Man sinnvoll, Steve Rogers/Captain America aber total blöd findet und zusammen mit anderen Entwicklungen zu einem bösen, schließlich von zwei Superheldenteams gegeneinander ausgetragenen Streit führt +++ Gut gegen Gut ist keine leichte Aufgabe für Drehbuchautoren, doch in diesem Fall ist sie überzeugend gelöst - zu den anfangs ausgeführten politisch-ethischen Motiven der Auseinandersetzung kommen am Ende auch noch persönliche Beweggründe, so dass die Konfrontation der Helden nicht nur plausibel erscheint, sondern auch emotional mitreißt +++ Die aus den diversen vorhergehehenden Marvel-Filmen bewährten Superhelden-Darsteller überzeugen wie gewohnt, allen voran Chris Evans als der standfest ehrenhafte und moralisch integre Captain America sowie Robert Downey Jr. als der einerseits clevere und selbstverliebte, anderseits unter unbewältigter Vergangenheit und Schuldkomplexen leidende Tony Stark +++ Die bei Marvel obligatorischen Homorsequenzen sind gewohnt gut getimt, zuständig diesmal: Anthony Mackie als Sam Wilson/Falcon, Paul Rudd als jüngst eingeführter Scott Lang/Ant-Man und Tom Holland als neuer Peter Parker/Spiderman, dessen eigener Film noch bevorsteht +++ Daniel Brühls Bösewicht Helmut Zemo gerät in dem zentralen Konflikt Cap vs. Iron Man etwas in den Hintergrund, kann aber von dort aus dennoch überzeugen als perfider Strippenzieher +++  Die Action ist wie immer auf allerhöchstem Niveau - ist zu Beginn noch etwas viel Wackelkamera im Einsatz, lässt der spätere Superheldenshowdown keine Wünsche mehr offen +++ Fazit: Ein langer Film ohne Längen - das ist Marvel-Unterhaltung der Spitzenklasse +++ 8,5 von 10 Punkten +++ 3D-Punkte: 6 von 10

Mittwoch, 13. April 2016

Sicherheit? Das ist zu viel Luxus

Immer und immer wieder bedauere ich zutiefst jene Menschen, die von widrigen Umständen dazu gezwungen werden, ihr eigenes und viele weitere Leben aufs Spiel zu setzen, indem sie Auto fahren und sich dabei ein Handy ans Ohr halten müssen. Weil der Hersteller ihrer Kiste es nicht für nötig hält, eine Technik, die - Freisprecheinrichtung genannt - nur ein paar Euro in der Herstellung kostet, serienmäßig in seine Karossen einzubauen, für die sechsstellige Beträge über den Tresen wandern. Oder weil jene Menschen nach dem Überweisen eben jener sechsstelligen Beträge kein Geld mehr übrig haben, sich dieses kleine Gadget noch dazu zu bestellen.

Tiefes Bedauern. Doch, wirklich.

(Mehr zum Thema gibt's beim NDR)

Sonntag, 31. Januar 2016

Das Kinogramm (65)


"Ich hab keine Angst mehr zu sterben. Ich bin schon tot."
 Hugh Glass

THE REVENANT - DER RÜCKKEHRER ist ein optisch und atmosphärisch überwältigendes Stück Kino, das den Kampf Mensch gegen Natur zeigt +++ Story: Trapper Hugh Glass wird in der nordamerikanischen Wildnis von einem Bären schwer verletzt, überlebt aber allein und kämpft sich durch die Natur, um Rache an dem zu üben, der ihn zum Sterben zurückgelassen und seinen Sohn getötet hat +++ Bekommt Leonardo DiCaprio dafür nun endlich seinen Oscar? +++ Vielleicht nicht allein für diese Perfomance, aber in Summe mit seinen weiteren Leistungen wäre es sicher verdient +++ Oscarwürdig ist der Film vor allem für seine Kameraarbeit und das fantastische Sounddesign +++ Neben der atemlosen Kamerafahrt in der Eingangsszene und dem beklemmend-faszinierenden Kampf mit dem Bären schafft es der Film, dass man trotz wunderschönen, riesigen Landschaftspanoramen stehts ein Gefühl der Enge erlebt, die Beklemmung des Überlebenskampfes in freier Natur +++ Dazu trägt auch die Geräuschkulisse bei: Überlaute Naturgeräusche kombiniert mit sehr reduzierter Musik und Sounds, die in "Psycho"-Manier bedrohliche Szenen verstärken, vesetzen den Zuschauer permanent in eine Stimmung der Anspannung und Bedrohung +++ DiCaprio selbst hat wenig Text, spielt aber mit jeder Faser seines Körpers und viel Leidenschaft den harten, von purem Willen getrieben Überlebenskampf seiner Figur +++ Auch überzeugend: Tom Hardy als sein Widersacher, der egoistisch-skupellose Fitzgerald +++ Die Handlung hat eher eine Nebenrolle, sie ist geradlinig und überraschungarm  +++ Fazit: Ein Wildwest-Survival-Rachedrama, das trotz kleiner Längen in der Handlung über die gesamte Zeit fesselt durch die überragende optische und aktustische Darstellung des Überlebenskampfes und der Naturkulisse, die sich zugleich überwältigend schön und grausam lebensfeindlich denjenigen gegenüberstellt, die sich in ihr bewegen +++ 8,5 von 10 Punkten

Sonntag, 17. Januar 2016

Das Kinogramm (64)


"Chewie, wir sind zu Hause."
Han Solo

STAR WARS EPISODE VII - DAS ERWACHEN DER MACHT ist die überzeugende und gelungene Fortsetzung der legendären Saga - nicht weniger, aber auch nicht mehr +++ Story: Eine junge Schrottsammlerin und ein desertierter Sturmtruppler machen sich gemeinsam mit altgedienten und neuen Rebellen auf den Weg, um die Nachfolgeorganisation des bösen Imperiums zu bekämpfen und den verschollenen Jedi Luke Skywalker zu finden +++ Ich will gar nicht so weit ausholen, viel ist schon geschrieben worden: Episode VII macht Laune und gibt ein Gefühl des Heimkommens in das Star Wars-Universum +++ Größte Stärken des Films sind seine tollen neuen Hauptfiguren, die perfekt mit den altbekannten Gesichtern harmonieren +++ Auch die Veteranen überzeugen, allen voran Harrison Ford, der seinen Han Solo routiniert und dennoch locker-leicht spielt, als hätte es die über 30 Jahre zwischen Original-Trilogie und dem neuen Film nicht gegeben +++ Die neuen Hauptfiguren Rey (Daisey Ridley), Finn (John Boyega) und Poe Dameron (Oscar Isaac) stehen für das, was auch den gesamten Film auszeichnet: Entschlossenheit, Tempo, Witz und Liebe zu Star Wars +++ Das gilt auch für die Musik von John Williams und vor allem für die Optik: Sie vereint handgemachte Effekte mit perfekter CGI zu einem Look, der die Ur-Trilogie optisch wiederbelebt und den sterilen Comic-Look der Episoden I bis III vergessen macht +++ Ich mag auch Kylo Ren (Adam Driver), der nicht ausschließlich bedrohlich und böse, sondern viel mehr als Darth Vader gleichzeitig zerrissen, angreifbar und damit ambivalent dargestellt wird +++ Etwas störend sind die allzu plumpen Story-Parallelen zu Episode IV - etwas mehr Originalität hätte dem Drehbuch gut getan +++ Als wirklichen Fauxpas empfinde ich die Darstellung von Supreme Leader Snoke: Sein computeranimiertes Erscheinungsbild erinnert zu sehr an Gollum, wirkt sehr beliebig und irgendwie deplatziert - das echte Gesicht von Schauspieler Andy Serkis und seine Performance hätte ich an dieser Stelle tausendmal lieber gesehen +++ Ich wiederhole mich: 3D auch in diesem Fall nett, nicht störend, aber überflüssig - na gut, bis auf den in den Kinosaal hereinragenden Sternenzerstörer vielleicht +++ Fazit: Ein großer Spaß für alte und neue Star Wars-Fans, der die richtigen Knöpfe für ein wohliges Retro-Feeling drückt und durch einige offene Handlungsstränge Lust auf die nächsten Teile macht +++ Punkte: 9 von 10 +++ 3D-Punkte: 7

Samstag, 16. Januar 2016

Bilder aus Dezember 2015

Nur, weil er dunkel ist, muss er nicht unansehnlich sein, der Dezember. Das zeigen die Monatsbilder.

Wintersonne im Börnsener Dalbekwald

Abendleuchten der Bürotürme am Berliner Tor

Morgenblick von Neu-Allermöhe in Richtung Bille

Weihnachtsmarkt in Bergedorf

Ein nasskalter Morgen am S-Bahnhof Allermöhe

Mittwoch, 30. Dezember 2015

Latzes Whisky | Neues und gutes Altes

Wieder einmal hatte ich das große Vergnügen, einem Whisky-Tasting in der Weinkellerei und Spirituosenmanufaktur Heinr. von Have in Hamburg-Bergedorf beizuwohnen. Rahmen und Ablauf waren von gewohnter Qualität, die ich bereits hier und hier beschrieben habe. Seniorchef Horst von Have gab in seinem launigen Beitrag Einsteigern alles nötige Grundwissen an die Hand, um zum Whiskygenießer zu werden. Fortgeschrittene hatten so Zeit und Gelegenheit, sich intensiv den ausgeschenkten Tropfen zu widmen. Da ließ ich mich wie immer nicht zweimal bitten.

Das Lineup der angebotenen Whiskys war eine gut abgestimmte Rundreise durch das schottische Whiskyangebot - mit Start in Japan -, die eine interessante Mischung aus erschwinglichen Standard-Whiskys und einigen Exoten bereithielt. Nur am Ende war die Zusammenstellung etwas unharmonisch: Auf den Höhepunkt des Abends, den quasi hauseigenen Mackmyra Rotspon Triple Wood "Abraham", folgte der Caol Ila. Letzterer ist ein sehr wohlschmeckender, sehr rauchiger Standard von der Insel Islay. Eigentlich ein guter Abschluss, doch gegen den Mackmyra, der zwar ohne Rauch, aber dafür mit Fassstärke und einem vollmundigen und vielfältigen Geschmackserlebnis begeisterte, sah der Caol Ila am Ende ziemlich blass aus.

Aber das war nur ein kleiner Makel an einem ansonsten sehr gelungenen Abend. Es folgen nun meine Einzelbewertungen der verkosteten Whiskys:

Platz 8 +++ Kein überragender, aber ein guter und leichter Einstiegswhisky +++ In der Nase mit etwas Klebstoff und ersten hellen Früchten +++ im Geschmack dann deutliche Aprikose und leicht nussig, insgesamt angenehm leicht, Abgang etwas kurz

Platz 10 +++ Etwas kräftiger als der Togouchi, aber nicht besser +++ Im Geschmack mit etwas dunkler Frucht und Orange, deutliche Holznote, etwas bitter +++ Für mich nicht überzeugend, zu unausgewogen und flach

Platz 7 +++ Ein ordentlicher Blend, bei dem nur das Preis-Leistungs-Verhältnis für mich nicht ganz stimmt +++ In der Nase bereits mit viel Vanille und Karamell, was sich auch im Geschmak fortsetzt +++ Vanille- und Honignoten lassen ihn wie einen guten Bourbon wirken

Platz 4 +++ Für mich die erste überzeugende Begegnung mit einem sherrylastigen Whisky +++ In der Nase bereits kräftige dunkle Früchte, der Geschmack kommt dann mit der ganzen Sherrywucht und mit deutlicher Pflaume +++ sehr lecker

Platz 5 +++ Den kannte ich schon und hatte ihn in guter Erinnerung - zurecht +++ Mit leichtem Rauch und Zitrusfrüchten macht bei mir keiner was falsch +++ Ein astreiner Alltagswhisky, nicht zu anspruchsvoll, aber lecker - vielleicht nur ein bisschen teuer für das, was er kann

Platz 9 +++ Mein zweiter Versuch mit Jura - war wieder nix +++ Der Sherryeinfluss war zu merken, wenn auch nur dezent +++ Ansonsten war ich mit dem überfordert, für mich undefinierbar, schmeckt mir einfach nicht

Platz 3 +++ Tolle Neuentdeckung für mich +++ Eine super Kombination von dezentem Rauch mit sehr angenehmer Süße und deutlichen Honignoten +++ weich und voll im Geschmack, sehr schön

Platz 2 +++ Ein sehr guter Bekannter, bisher mein Lieblings-Bowmore +++ Ein ganz feiner Bourbonfass-Bowmore, mit dem typischen leichten Rauch, deutlichen Zitrusnoten und Vanille +++ Ich find den toll und war gespannt, ob er mich beim Tasting zwischen den anderen Whiskys noch so überzeugen kann wie beim ersten Mal - er konnte

Platz 1 +++ Der Star des Abends +++ Kommt in Fassstärke mit 54,2 Prozent, braucht aber kein Wasser +++ Die Reifung in drei verschiedenen Fasstypen und das Finish im Rotweinfass bringt schon in der Nase eine große Aromenfülle +++ Im Geschmack entfalten sich dann vollends die intensiven Aromen dunkler Früchte und die Süße von Vanille und Marzipan +++ Der ist teuer, aber seinen Preis mit Sicherheit wert

Platz 6 +++ Ein rauer Vertreter von der Insel Islay +++ Rauch, Meersalz, Jod bestimmen sein maritimes Geschmacksbild, abgerundet von rauchigem Abgang +++ Eigentlich mag ich das, und auch den kannte ich schon vorher +++ Hinter dem Mackmyra und seiner Aromenfülle ist er aber ein wenig abgestürzt an diesem Abend

Und das habe ich an diesem Abend gelernt:
  • Das Geschmacksspektrum ist bei Whisky so groß, dass es manchmal nicht nur um Nuancen geht. Es bleibt dann nicht bei einem "der schmeckt mir weniger gut/etwas besser als der andere" und der Aussage, dass man Whisky allgemein auf jeden Fall mag. Nein, es gibt tatsächlich welche - und das sind beileibe nicht nur irgendwelche Discounter-Tropfen - bei denen ich im Brustton der Überzeugung sagen kann: Der schmeckt mir nicht. Der Glenlivet zählt dazu, und mit Jura werde ich wohl auch so schnell nicht warm.
  • Whiskys, die ich schon vorher kannte und sehr mochte, haben sich hier sehr gut gegen die neuen, also mir bisher nicht bekannten Konkurrenten gut behauptet. Der Tomatin ist ein sehr guter Alltagswhisky, und der Bowmore Gold Reef  hat seinen Platz unter meinen absoluten Favoriten gefestigt - auch wenn er den Tagessieg dem Mackmyra überlassen musste, mit dem ein baldiges Wiedersehen allerdings fraglich ist: Ausverkauft. Und der Caol Ila bleibt ein leckerer rauchiger Vertreter von Islay, auch wenn er an diesem Tag wie oben beschrieben einen schweren Stand hatte.